Wenn der Neubau kommt, wollen wir gut vorbereitet sein. Wir haben die Möglichkeit zu gestalten, aber wie? Darüber müssen sich nun in den nächsten Wochen und Monaten alle Beteiligten informieren und Gedanken machen. Ein Anfang ist mit dem Interview der Schulleitungsrunde gemacht worden und nun kommt ein weitere Schritt. Neun Kolleginnen und Kollegen haben an einem Vortrag in der Walter-Gropius-Schule teilgenommen, bei dem Prof. Dr. Burow Einblicke in Möglichkeiten von Schulgestaltung gegeben hat.
Prof.Dr. Burow war bis 2017 Professor an der Uni Kassel. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen: Theorien und Methoden der Erziehungswissenschaft, Kreativitäts- und Zukunftsforschung, Personal-, Schul- und Organisationsentwicklung und Partizipationsdesign.
Da ihm die Etablierung neuer Schulkonzepte so am Herzen liegt, ist er über seine aktive Tätigkeit hinaus in diversen Schulen und schulnahen Einrichtungen unterwegs, um seine Botschaft zu verkünden:
Schule geht auch anders - hin zur "Glücksorientierung". Dazu benennt er sieben revolutionäre Trends, die Corona nun maßgeblich vorangetrieben hat (weiter unten sind sie zu lesen).
Ein großer Schritt dahin ist eine konplett neue Unterrichtsstruktur, die durch architektonische Rahmenbedingungen erst umgreifend geschaffen werden kann. Hier liegt unsere Chance!!!!!
Wir können in unserer Berufsschule zwar deshalb nicht die Anforderungen an Gesellen- und Abiturprüfungen abschaffen (da müsste Prof. Burow erst die Kammern und Kultusministerien überzeugen), aber den Weg bis zu den Prüfungen, kann man vielleicht anders gestalten.
Und auch alle Noten und Tests abzuschaffen, wie es in einigen Allgemeinbildenden Schulen der Fall ist, geht bei uns nicht so einfach, aber über andere Möglichkeiten von Aufbau, Zeitpunkten und Inhalten von Testaten zu beraten, ist ein Denkansatz.
Es ist ein steiniger Weg, auf den wir Lehrkräfte uns begeben, aber wie heißt es so schön:
Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt wurden, kann man etwas Schönes bauen.
Und bei uns bauen wir aus den Steinen gleich ein neues Gebäude!
Und dann müssen wir "nur noch" die Schülerinnen und Schüler "umerziehen" zum Glücklichsein - auch in der Schule!
Nun noch die versprochenen revolutionären, wenn auch nicht alle ganz neuen Ideen zur Schule von Morgen:
"Sieben Trends, die die Schule revolutionieren
In Zeiten von Digitalisierung und Globalisierung und nun auch Corona stehen die Bildungslandschaft im Allgemeinen und die Schule im Besonderen vor dramatischen Umbrüchen. Wie ich in „Bildung 2030 – Sieben Trends, die die Schule revolutionieren“ (Burow 2017) beschrieben habe, zeichnen sich sieben Trends ab, deren Berücksichtigung notwendig ist, um Schulen und Lehrkräfte für den absehbaren Wandel fit zu machen:
1. Digitalisierung ist der Megatrend, denn alles was digitalisierbar ist wird in absehbarer Zeit digitalisiert werden. Dies beinhaltet Chancen und Risiken. Vor allem aber ermöglicht Digitalisierung eine Personalisierung des Lehrens und Lernens und damit eine Veränderung der Lehrerrolle (2): Wenn Lernen mobil, also zeit- und ortsunabhängig wird und vermittels Lernplattformen und Algorythmen passgenaue Lehrangebote ermöglicht, die individuelle Lernstände, Talente und Neigungen berücksichtigen, dann wandelt sich die Lehrertätigkeit vom Wissensvermittler zum Lernumgebungsdesigner, Berater und Coach.
3. Vernetzung als Folge der Digitalisierung bedeutet, dass alle Lehr-und Lernaktivitäten über das Internet und entsprechende Plattformen verbunden werden. Die alte, vom Leben abgeschlossene Unterrichtsschule kehrt in die Gesellschaft zurück, denn wenn Schüler/innen statt eine Arbeit für den Papierkorb zu schreiben, die Aufgabe erhalten, einen Wikipedia-Artikel zu schreiben, werden sie Teil der kollektiven Intelligenz. [...] Die 21st century skills erfordern die Befähigung zu vernetztem, systemischem, fächerübergreifendem Denken und Handeln.
4. Für dieses eingreifende, zukunftsgestaltende, projektorientierte und problemlösende Lernen benötigen wir eine Veränderung des Lehr-und Lernraums. Das alte Klassenzimmer mit seiner frontal auf die Tafel und die Lehrkraft ausgerichteten Zentrierung, wird den neuen Anforderungen nicht gerecht. Wie diese neue, flexible Schularchitektur aussehen könnte, kann man auf den Seiten der Montags-Stiftung sowie bei der schwedischen Architektin Rosan Bosch sehen.
5. Wenn zu viele Lehrkräfte und auch Schüler in der alten Schule – wie Untersuchungen zeigen – zu einseitig belastet sind, dann wird deutlich, dass die Schule der Zukunft eine gesundheitsorientierte, „gesunde Schule“ sein muss.
6. Da Manipulation durch Fakenews und soziale Plattformen unser politisches System durch Fehlinformationen bedrohen werden Demokratisierung und die Förderung kritischen Bewusstseins in Form von zukunftsgestaltenden Partizipationsprojekten wie auch der Vermittlung von Demokratiepädagogik zentral. Die Fridays-for-Future-Bewegung hat gezeigt, dass SchülerInnen sich für eine lebenswerte Zukunft engagieren wollen. Hierfür brauchen wir Zeitfenster[...].
7. [...] Glücksorientierung ist Basis einer Positiven Pädagogik, deren Kern der amerikanische Philosoph und Erziehungsreformer John Dewey 1930 in einer zeitlos gültigen Erkenntnis auf den Punkt brachte: „Herauszufinden, wozu man sich eignet und eine Gelegenheit zu finden, dies zu tun, ist der Schlüssel zum Glücklichsein.“ Genau dies sollten Schule und Unterricht, aber auch Lehrerbildung ermöglichen.""
Quelle: https://unterrichten.digital/2020/04/10/burow-bildung-schule-digitalisierung/ Zugriff: 18.12.2021
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